Anonyme Google-Bewertungen: Was Ärzte jetzt wissen müssen

Google hat eine bedeutende Änderung eingeführt: Patientinnen und Patienten können Arztpraxen künftig unter einem selbst gewählten Pseudonym bewerten – ihr echter Name bleibt verborgen. Was auf den ersten Blick wie eine kleine technische Neuerung aussieht, hat weitreichende Folgen für Ärzte und Ordinationen in Österreich. Wir erklären, was sich konkret ändert, welche Chancen und Risiken damit verbunden sind und wie Sie als Arzt oder Ordinationsteam am besten darauf reagieren.

Was hat sich bei Google-Bewertungen geändert?

Bisher war bei jeder Google-Bewertung der Name des Google-Kontos sichtbar – in der Regel der echte Name der Person. Das hat sich nun grundlegend geändert: Google erlaubt es Nutzerinnen und Nutzern weltweit, einen frei wählbaren Anzeigenamen (Pseudonym) zu verwenden. Dieser erscheint dann öffentlich bei allen Bewertungen, Fotos und Fragen, die die Person auf Google Maps oder in der Google-Suche hinterlässt.

Wichtig zu verstehen: Die Bewertung ist intern weiterhin einem Google-Konto zugeordnet. Google kann also nach wie vor Spam und Missbrauch erkennen und filtern. Für alle anderen Nutzer – und damit auch für Sie als Arzt – ist aber nur das Pseudonym sichtbar, nicht der echte Name.

Besonders bemerkenswert: Die Änderung gilt nicht nur für neue Bewertungen. Wenn jemand sein Pseudonym ändert, werden automatisch alle bisherigen Bewertungen dieser Person unter dem neuen Namen angezeigt. Eine bereits abgegebene Bewertung kann also nachträglich „anonymisiert“ werden.

Warum ist das gerade für Arztpraxen relevant?

Niedrigere Hemmschwelle führt zu mehr Bewertungen

Viele Patientinnen und Patienten haben bisher gezögert, eine Bewertung abzugeben – aus Sorge, dass Nachbarn, Arbeitskollegen oder Bekannte sehen könnten, bei welchem Arzt sie in Behandlung sind. Besonders bei sensiblen Fachrichtungen wie Psychiatrie, Gynäkologie oder Urologie war die Hemmschwelle hoch.

Diese Barriere fällt nun weitgehend weg. Das bedeutet: Sie werden künftig wahrscheinlich deutlich mehr Bewertungen erhalten – sowohl positive als auch negative. Für Ihre Online-Sichtbarkeit kann das durchaus vorteilhaft sein, denn Google berücksichtigt die Anzahl und Aktualität von Bewertungen beim lokalen Ranking in Maps und der Suche.

Mehr ehrliches Feedback – im Guten wie im Schlechten

Anonymität macht ehrlich. Patientinnen und Patienten, die sich bisher aus Höflichkeit oder Unbehagen nicht getraut haben, Kritik zu äußern, werden dies nun möglicherweise tun. Das kann wertvolle Hinweise auf Verbesserungspotenziale liefern – etwa zu Wartezeiten, Kommunikation oder Praxisorganisation.

Gleichzeitig kann es aber auch zu schärferer oder emotionalerer Kritik kommen, gerade wenn Patientinnen und Patienten frustriert oder unzufrieden sind. Das macht ein professionelles Bewertungsmanagement wichtiger denn je.

Welche Risiken sollten Sie kennen?

Mehr ehrliches Feedback – im Guten wie im Schlechten

Die häufigste Sorge: Macht Anonymität es nicht noch einfacher, gefälschte oder böswillige Bewertungen zu schreiben? Die Antwort ist differenziert. Spammer und Konkurrenten, die falsche Bewertungen abgeben wollten, haben schon bisher oft Fake-Profile mit Pseudonymen verwendet. Insofern ändert sich die grundsätzliche Situation nicht dramatisch.

Das Problem: Für Sie als Betroffenen wird es noch schwieriger zu erkennen, ob eine Bewertung von einem echten Patienten stammt oder nicht. Die Nachverfolgung wird komplizierter, und auch rechtliche Schritte gegen diffamierende Bewertungen könnten erschwert werden, da der echte Name nicht mehr erkennbar ist.

Vertrauensfrage bei künftigen Patienten

Während anonyme Bewertungen für die Verfasser attraktiver werden, könnte bei manchen Menschen das Vertrauen in diese Bewertungen sinken. Gerade in Zeiten, in denen authentische Video-Erfahrungsberichte auf Social Media zunehmen, könnten anonyme Texte als weniger glaubwürdig wahrgenommen werden – ein Effekt, der sich aber erst mit der Zeit zeigen wird.

Nachträgliche Namensänderung kann verwirren

Da Nutzer ihr Pseudonym jederzeit ändern können und diese Änderung alle bisherigen Bewertungen betrifft, kann es zu verwirrenden Situationen kommen. Wenn Sie beispielsweise auf eine Bewertung von „Maria S.“ geantwortet haben und diese Person ändert ihren Anzeigenamen auf „Sonnenblume123“, erscheint Ihre Antwort plötzlich unter diesem neuen Namen – was für außenstehende Leser seltsam wirken kann.

Konkrete Handlungsempfehlungen für Ihre Praxis

1. Informieren Sie Ihre Patienten aktiv

Nutzen Sie die neue Funktion als Chance: Weisen Sie Patientinnen und Patienten explizit darauf hin, dass sie auch unter einem Pseudonym bewerten können. Das können Sie tun:

  • In Erinnerungs-E-Mails nach dem Termin
  • Auf einem kleinen Hinweisschild in der Ordination
  • Auf Ihrer Website

Eine einfache Formulierung könnte lauten: „Sie können uns gerne auf Google bewerten – auch unter einem selbst gewählten Pseudonym, wenn Ihnen Ihre Privatsphäre wichtig ist.“

2. Sichern Sie Bewertungen regelmäßig

Da sich Anzeigenamen nachträglich ändern können, sollten Sie wichtige Bewertungen dokumentieren. Exportieren oder speichern Sie in regelmäßigen Abständen (z.B. monatlich):

  • Datum der Bewertung
  • Sternebewertung
  • Bewertungstext
  • Anzeigename zum Zeitpunkt der Sicherung

So haben Sie im Zweifelsfall eine Dokumentation und können Veränderungen nachvollziehen – etwa für rechtliche Auseinandersetzungen oder interne Qualitätssicherung.

3. Bitten Sie um konstruktive und detaillierte Bewertungen

Statt nur um „5 Sterne“ zu bitten, ermutigen Sie Patienten zu aussagekräftigem Feedback. Konkrete Erfahrungsberichte helfen anderen Patienten bei der Arztsuche mehr als eine bloße Sternebewertung – und sie geben Ihnen wertvollere Einblicke in Ihre Stärken und Schwächen. Das hilft auch bei der Auffindbarkeit Ihrer Praxis auf Google.

4. Etablieren Sie ein Bewertungs-Monitoring

Prüfen Sie regelmäßig (idealerweise wöchentlich) Ihre Google-Bewertungen. So können Sie:

  • Schnell auf negative Bewertungen reagieren
  • Missverständnisse aufklären
  • Offensichtlich falsche oder diffamierende Bewertungen bei Google melden
  • Dankbarkeit für positive Rückmeldungen zeigen

Gerade bei anonymen Bewertungen ist eine professionelle, sachliche Reaktion wichtig – auch wenn Sie die Person nicht identifizieren können. Ihre Antwort wird von vielen potenziellen Patienten gelesen und beeinflusst Ihren Ruf.

5. Erwägen Sie zusätzliche Feedback-Kanäle

Nicht jede Patientin möchte – auch anonym – öffentlich bewerten. Bieten Sie daher ergänzende Möglichkeiten für Feedback an:

  • Anonymer Feedback-Bogen in der Ordination
  • Kurze Online-Umfrage per E-Mail
  • Persönliches Gespräch zum Terminende

So erreichen Sie auch diejenigen, die grundsätzlich keine Online-Bewertungen schreiben, und erhalten ein vollständigeres Bild der Patientenzufriedenheit.

Was Sie mittelfristig erwarten können

Die Einführung von Pseudonymen bei Google-Bewertungen wird das Bewertungsverhalten nachhaltig verändern:

Mehr Bewertungen insgesamt: Die gesunkene Hemmschwelle wird zu einer deutlich höheren Anzahl an Bewertungen führen. Das kann Ihr lokales Google-Ranking verbessern und Ihre Sichtbarkeit erhöhen.

Ehrlichere, aber auch polarisiertere Meinungen: Sie werden wahrscheinlich mehr sehr positive und mehr sehr negative Bewertungen sehen – die „stille Mitte“ der zufriedenen, aber nicht begeisterten Patienten wird sich eher weiterhin nicht äußern.

Höhere Bedeutung von Bewertungsmanagement: Wer professionell und zeitnah auf Bewertungen reagiert, transparent mit Kritik umgeht und sich erkennbar um Verbesserungen bemüht, wird sich vom Wettbewerb abheben. Im vertrauensbasierten Gesundheitsbereich ist das ein entscheidender Vorteil.

Verändertes Datenschutzbewusstsein: Patientinnen und Patienten werden zunehmend bewusster mit ihrer digitalen Identität umgehen. Diese Entwicklung wird sich auch auf andere Online-Plattformen und Bewertungsportale auswirken.

Fazit

Die Pseudonym-Funktion bei Google-Bewertungen ist für Arztpraxen in Österreich eine bedeutende Veränderung – mit Chancen und Herausforderungen. Sie werden künftig mehr Bewertungen erhalten, darunter ehrlicheres Feedback, aber möglicherweise auch schärfere Kritik. Die Nachverfolgung problematischer Bewertungen wird schwieriger.

Entscheidend ist, dass Sie die Entwicklung nicht ignorieren, sondern aktiv gestalten: Informieren Sie Ihre Patienten, etablieren Sie ein regelmäßiges Monitoring, sichern Sie Bewertungen zur Dokumentation und reagieren Sie professionell auf Feedback – positiv wie negativ.

Ordinationen, die Bewertungsmanagement ernst nehmen und als Teil ihrer Patientenkommunikation verstehen, können die neue Situation zu ihrem Vorteil nutzen. Denn am Ende zählt im Gesundheitswesen vor allem eines: Vertrauen. Und das entsteht durch Qualität, Transparenz und einen respektvollen Umgang mit Patient:innen – online wie offline.

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Das Team von IT4med unterstützt Sie gerne mit praktischen Lösungen für Ihren Praxisalltag.

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